Transkript
Die Kriese ist die beste Chance – Das Interview mit Achim Rehahn
Interviewpartner: Achim Rehahn
Thomas: Moin aus Hamburg, hier ist der Thomas! Heute freue ich mich, denn heute ist ja Samstag, also wenn du den Podcast heute zum erstmal hörst. Ich habe heute Achim Rehahn in der Leitung. Achim und ich haben uns im Sommer 2020 kennengelernt. Man könnte sagen im Krisensommer 2020, und Achim saß mit mir in einem Auto, wo wir tatsächlich in ein Fernsehstudio nach Köln gefahren sind, vom Hotel, also Innenstadt Köln, dann ins Fernsehstudio. Und ich habe mitbekommen, wie er telefoniert hat mit seinem Sohn, dem er erklärt hat, wir rufen den Opa einfach noch mal später an.
Ja, und so sind wir nachher ins Gespräch gekommen. Haben uns gut verstanden und hatten ein schönes Wochenende in Köln. Ja, jetzt begrüße ich also Achim. Moin Achim, grüß dich!
Achim: Hallo Thomas! Ich bin froh, bei dir zu sein. Zumindest virtuell.
Thomas: Also 2020 war ja wirklich das Krisenjahr schlechthin. Oder?
Achim: Ja, 2020 ist für viele ein Krisenjahr. Ja, das stimmt. Ich muss sagen, das hat auch mich, teilweise beruflich getroffen, wie so viele andere auch. Aber ja ich bin sehr frohen Mutes, wo wir jetzt seit einigen Tagen Impfstoff zumindest in Aussicht haben, dass wir das Thema bald abhaken können und wieder volle Pulle In allen Wegen erfolgreich sein können.
Thomas: In allen Bereichen des Lebens im Grunde.
Achim: Richtig, genau.
Thomas: Achim wir reden heute im Grunde natürlich auch über dein Leben. Du bist immer noch sehr jung an Jahren. Ich darf sagen unter 40.
Achim: Richtig 38.
Thomas: 38, wunderbar und du bist dein eigener Chef. Wir werden darüber reden, wie du überhaupt angefangen hast. Was hast du nach der Schule gemacht? Wie ging das los und wie kommt es, dass du, natürlich auch in deinen jungen 38 Jahren schon von einigen Krisen durchgeschüttelt worden bist?
Ja wenn ich jetzt nicht alles auf einen Schlag verrate, aber da war ja schon einiges im Leben, was so ungeplant war. Also fangen wir einfach mal vorne an. Du bist ein
Rheinländer. Ist es richtig?
Achim: Richtig. Ich komme aus dem rheinischen Braunkohlerevier aus Eschweiler bei Aachen.
Thomas: Aachen sollte jeder kennen, an der belgischen Grenze. Kurz dahinter ist ja auch die Rennstrecke Francorchamps oder wie die heißt, Formel 1.
Achim: Ja richtig, man könnte sagen, ich komme aus der Gegend zwischen Nürburgring und Spa-Francorchamps, das stimmt.
Thomas: Ja, dann ist der Schumacher auch nicht weit weg. Wir verraten auf jeden Fall schon mal am Anfang hier von diesem Interview, dass du ein eigenes Unternehmen gegründet hast.
Du hattest dann das Ziel dieses Unternehmen in Deutschland zum Marktführer in seinem Segment zu machen.
Und als du das erreicht hast, hast du gesagt Marktführer in Deutschland ist ganz schön. Jetzt mache ich es noch zum Marktführer in Europa, und dann hast du das Ding verkauft.
Und du hast einen wirklich super schönen, ich darf das sagen, Millionenbetrag dafür bekommen. Du hast mir ja hinterher erzählt, ich habe einige Fehler gemacht, Scheiße! Da hätte noch mehr bei rauskommen können.
Also im Grunde, richtig?
Achim: Ja. Es ist eigentlich ganz gut zusammengefasst. Stimmt, ja!
Thomas: Fange mal vorne an Achim! Wie war deine Schulzeit? Also, bist du irgendwann zur Schule gegangen. Wie war das für dich? Wusstest du da schon? Ich werde mal Unternehmer. Ich werde ein Unternehmen gründen.
Achim: Ja, es ist so, dass meine Eltern und Großeltern Unternehmer waren und sind. Und ich von daher natürlich schon sehr unternehmerisch geprägt war. Bei uns bedeutete aber Unternehmertum vor allen Dingen hart arbeiten, arbeiten im Betrieb, auch als Kinder haben wir da alle mitgemacht, mein Bruder und ich.
Aber in der Schule war ich absolut kein Überflieger. Also wenn man das mal so zusammenfasst, bin ich nach der sechsten Klasse vom Gymnasium geflogen.
Thomas: Okay.
Achim: Ja, ich bin dann siebte Klasse bis 10 auf der Realschule gewesen. Das hat mir im Nachhinein aber auch eine Menge gebracht, weil ich finde, dass man als Unternehmer neben der Schulklugheit vor allem aber auch so ein bisschen Straßenschläue braucht. Und da war die Realschule, noch ein sehr guter Lehrer, würde ich sagen.
Für mich war dann aber klar, ich mache trotzdem Abitur. Habe ich dann auch gemacht.
Auf einem anderen Gymnasium allerdings, weil es mir ein bisschen peinlich war wieder auf der…
Thomas: zurückzukommen
Achim: Genau. Und habe dann auch insgesamt 13 Jahre gebraucht. Ich bin nie sitzengeblieben, war aber einige Male kurz davor. Ja das war meine Schulzeit.
Im Studium lief es dann deutlich besser.
Thomas: Lass mich nochmal kurz fragen. Gab es denn so ein bisschen den Unternehmer, den Unternehmergedanken, das Unternehmerblut im Körper durch die Großeltern und durch die eigenen Eltern?
Das kann allerdings ja auch für viele Menschen schon bisschen Druck bedeuten.
Dass man denkt, was erwarten meine Eltern von mir oder auch meine Großeltern. Ich muss das vielleicht weiterführen, was die gemacht haben.
Hast du diesen Druck bekommen, oder wenn du ihn nicht bekommen hast, hast du ihn trotzdem gespürt?
Achim: Ja, also ich wusste, dass das Unternehmertum viel Arbeit bedeutet. Das war schon mal bei uns in der Familie ganz klar. Meine Eltern haben mich aber nie dazu gezwungen, den Großhandel meiner Eltern weiterzuführen. Die haben immer gesagt: Junge mach, was du meinst, was gut ist.
War natürlich schon dahinter, dass ich dann doch Abitur machte und auch studierte, das war denen ganz wichtig.
Wenn ich den Betrieb meiner Eltern übernommen hätte, wäre das in Ordnung gewesen für meine Eltern, aber die haben mich nie gezwungen da, irgendwas zu machen. Sie haben immer gesagt, unsere Kinder sollen sich völlig frei entwickeln und genau das tun, was sie wollen. Witzigerweise ist es wahrscheinlich deswegen auch so gekommen, dass wir beide, also mein Bruder und ich, schon so ziemlich in die Richtung gegangen sind, wie das bei den Eltern und auch bei den Großeltern war.
Thomas: Und es gab kein Theater, keinen Stress, als in der sechsten Klasse, na ja wo irgendwann der Brief kam, der Achim sollte doch tatsächlich mal das Gymnasium verlassen? Gab Stress oder?
Achim: Also, es ist so, dass ich heute mit 38 immer noch den Tag weiß, als die beiden blauen Briefe kamen, die wohl gar nicht blau waren. Also, ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass es den großen Ärger gab.
Ich bewundere sogar im Nachhinein meine Eltern extrem dafür, dass die scheinbar da so ruhig geblieben sind. Ich habe heute selber drei Kinder, und mir fällt das manchmal nicht so leicht. Also, das bewundere ich im Nachhinein wirklich sehr, und ich glaube, meine Eltern haben einfach gedacht, der Junge ist halt vielleicht nicht so clever, und deswegen kommt er auf die Realschule, und fertig.
In dem Moment aber nach der Zehnten war das dann wieder anders, und
die haben mich eigentlich immer positiv unterstützt und nicht negativ draufgehauen.
Thomas: Ja, steckt ja auch in dem harten Arbeiten. Was du gesagt hast, also das Unternehmertum auch in eurer Familie bedeutet auch hart zu arbeiten, dinge selbst zu machen, also sehr praxisnah zu sein, Praxis orientiert zu sein. Schule ist ja doch in der Regel viel Wissensvermittlung, wenn man dann ja so ein bisschen in die Richtung PLDs geht, über die wir ja auch gesprochen haben. Du kennst auch deine PLDs, du hast sie, und ich kann mich auch dran erinnern, dass du mal davon erzählt hast: Also, dein Vater hat auch selber Rasen gemäht oder die Wand gestrichen. Wenn jemand dann auf das Betriebsgelände gekommen wäre, der würde wahrscheinlich denken, das ist wohl der Hausmeister, der mäht Rasen oder der streicht hier die Wand.
Aber die wussten da nicht, dass sie im Grunde den Chef vor sich haben, oder?
Achim: Ja, wir Rehahns sind uns für nichts zu schade, und das ist vielleicht auch so ein bisschen der Erfolg, den sowohl meine Eltern haben, die wirklich da sehr gut aufgestellt sind, als auch wir, weil wir einfach alles, jede Arbeit, die es Wert ist getan zu werden, anpacken, da gab es überhaupt kein Thema.
Also, mein Vater hat auch bisher, bis er so 60 war und irgendwann seine Firma an den Nagel gehängt hat, auch Container, Überseecontainer ausgeladen, mit den Leuten im Lager. War ganz normal. Das war bei uns kein Thema, und so habe ich das auch gemacht.
Thomas: Sehr bodenständig auch, oder?
Achim: Ja völlig, und das lässt dich auch bei deinen Mitarbeitern gut dastehen: Du weißt aber auch, wie lange so eine Aufgabe dauert. Also ich weiß, wie lange man einen Container leerräumt, weiß auch, wenn mir dann ein Mitarbeiter sagt, dass das irgendwie länger dauert, dass das nicht sein kann.
Thomas: Und ich erinnere mich noch an eine Geschichte, noch mal ganz kurz zurück, ich glaube, es war dein Vater oder dein Großvater, eher dein Vater, dass du auch sagtest, na ja, der hatte sich schon irgendwann ein schönes Auto gegönnt. Damit ist er aber nicht zum Kunden gefahren. Zum Kunden ist er mit einem VW Passat gefahren. Habe ich das richtig in Erinnerung?
Achim: Ja richtig. Mein Vater hatte damals, das erste schöne Auto, einen Mercedes E-Klasse. Den hatte er dann gekauft plus eine zusätzliche Garage, die er hinter seinem Betriebsgelände hatte. Er ist dann jeden Morgen mit der E-Klasse von zu Hause in die Firma gefahren, hat den Wagen in die Garage gestellt und über Tag, wenn irgendwas war, ist er mit dem Passat gefahren.
Thomas: Du hast schon angedeutet. Studium. War dir denn klar, nach dem Abitur kommt studieren? Wusstest du das vorher? Was war es? Ich muss mich ein bisschen doof stellen, denn ich weiß ja schon.
Achim: Ja, ich bin nach der Realschule auf ein Wirtschaftsgymnasium gewechselt, weil ich das irgendwie spürte, wahrscheinlich ist Unternehmertum oder sowas für mich, aber ich war mir nicht ganz sicher mit 16. Wer ist das auch schon? Und da habe ich gedacht, das ist eine Superidee auf ein Wirtschaftsgymnasium zu gehen. Da kann ich mal gucken, wie mir das gefällt. Und nach dem Abitur, da war mir dann klar, ich werde auf jeden Fall Wirtschaftswissenschaften studieren. Was ich dann auch getan habe an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Und da wurde ich dann witzigerweise richtig gut, also da wurde ich dann quasi vom schlechten Dreier-Schüler schnell zum Zweier- und Einser-Kandidaten, weil es mir einfach unheimlich viel Spaß gemacht hat.
An der Hochschule habe ich auch meine heutige Frau kennengelernt. Sie war so eine richtige Leuchte im Studium, und dann war mir doch peinlich, wenn die dann die Eins schrieb und ich die Drei. Deswegen habe ich dann auch eine Eins geschrieben.
Thomas: Ja, wenn du dann das erste Mal nach Hause eingeladen wirst zu den Eltern, und sie dich vorstellt: „Das ist übrigens der Achim, der schreibt aber nur Dreier.“
Achim: Ja, genau richtig. Ja, die Drei ist die Eins des kleinen Mannes. Aber das wäre mir irgendwie peinlich gewesen.
Thomas: Ich springe mal kurz zum Thema Sport. Du warst früher ein ganz aktiver Sportler.
Stell dir mal vor, du könntest bei den Olympischen Spielen teilnehmen. Also nur mal vorstellen, ja. In welcher Disziplin würdest du antreten?
Achim: 800-Meter-Lauf. Da war ich mal ganz gut. Zumindest auf regionaler bis nationaler Ebene war ich da ganz gut unterwegs. Bis ich mich mit 16 schon sehr früh ganz schwer verletzt habe und dann einen Knöchelabsprengung hatte, ich erinnere mich noch ganz genau, das war am Mittwoch, da habe ich die Einladung bekommen zum Landeskader, wo am Wochenende dann ein Wettkampf gewesen wäre, Deutschland, Niederlande, Polen, ein Vergleichswettkampf. Und da war ich dann aufgefordert, meine Kleidergröße anzugeben, und an dem Mittwoch bin ich dann abends zum Sport, also zum Training, und danach habe ich noch eine Runde Fußball gespielt.
Meine Mutter hat immer schon gesagt: „Junge, lass das mit dem Fußball sein.“ Ja genau, da bin ich getreten worden. Weil ich so völlig euphorisiert war, habe ich ständig die Leute getunnelt. Ich konnte das ganz gut, und dann war da einer, der fand das nicht so gut und hat mich getreten. Dann Knöchelabsprengung, zweifacher Bänderriss und… Die Kurzgeschichte ist, dass dann, irgendwann ein Arzt auf mich zukam und sagte: „Achim, wenn du damit weitermachst, dann wirst du in den nächsten ein, zwei, drei Jahren ein künstliches Fußgelenk bekommen.“ Mit 16 ist das nicht so die wirklich tolle Aussicht. Und dann habe ich zwei Wettkämpfe gemacht und das Ganze dann ad acta gelegt. Ein Freund von mir hat einen Sohn, der zu Deutschlands besten über 800 Meter gehört und zugegebener Weise auch hundertmal mehr Talent hat als ich und wirklich ein richtig guter ist. Und das macht mir dann schon unheimlich viel Spaß zu sehen, wie der läuft und dann denke ich mir manchmal: „Ach Achim. Na ja, passt aber nicht und ist halt so.“
Thomas: Ja du kannst von der Seitenlinie auch begleiten, ein paar Tipps geben. Das hilft ja.
Achim: Ja genau!
Thomas: Das war auch meine Disziplin früher. Laufen war genau mein Thema. Dann ist das schön sich mit dem auch darüber zu unterhalten. Stichwort Arzt. Ich mache nur einen ganz kleinen Vorausblick, so für das Interview. Du hast dann mal von einer Ärztin auch einen Satz bekommen, der da hieß, ich weiß nicht mehr, ob es genau der O-Ton war: „Herr Rehahn wenn sie erstmal die Nacht überleben, sind wir schon mal einen großen Schritt weiter.“
Achim: Genauso.
Thomas: Aber was dahinter steckt, das kommt erst später. Also Studium beendet. Vernünftige Note. Frau des Lebens kennengelernt. So kann man es abschließen, oder?
Achim: Ja, vollkommen richtig, und dann ging es los. Man wird ja im Studium so konditioniert von den Professoren, dass man Karriere im Konzern machen soll.
Thomas: Ja natürlich.
Achim: Und ich war ja eigentlich der, der immer nur so kleine mittelständische Unternehmen kannte von Haus aus. Aber ich wollte mir dann beweisen, dass auch ich Karriere im Konzern machen kann.
Thomas: Ja, die haben dich angetriggert, da du ja intrinsisch auch eine hohe Konkurrenzbedürftigkeit hast. Also, du willst ja auch gewinnen. Wie auch damals schon beim 800-Meter-Lauf und so weiter. Und im Fußball hast du auch die Jungs getunnelt, also willst du ja auch gewinnen. Ganz klar! Was hast du dir denn für einen Konzern ausgesucht?
Achim: Ich war dann bei einem großen hamburgischen Kaffeekonzern, den vielleicht die einen oder anderen kennen, der auch Non-Food-Artikel macht, ich weiß gar nicht, ob man das so offen sagen darf. Aber ich war bei Tchibo.
Thomas: Hier dürfen wir alles sagen.
Achim: Kann ich nur empfehlen. Es war für mich der beste Arbeitgeber, den ich nach meinem Studium hätte finden können. Ich war vorher kurze Zeit bei einem Handelskonzern aus Düsseldorf gemacht, wo ich es nicht so toll fand, aber Tchibo war wirklich super. Ich habe dort als Führungsnachwuchskraft Vertrieb angefangen.
Thomas: In welchem Jahr war das? Sodass, wir ungefähr die Zeit…
Achim: 2005 glaub ich, ja 2005 war das. Meine Frau war auch bei Tchibo. Über sie bin ich dahin gekommen, weil die immer so positiv berichtete. Sie hatte damals ja schon Praxissemester bei Tchibo gemacht und ihre Diplomarbeit für Tchibo geschrieben und war total begeistert von dem Unternehmen. Deshalb habe ich gedacht, da muss ich auch hin. Außerdem wollten wir schnell wieder zusammenziehen. Ich wohnte damals in Düsseldorf und sie in Hamburg. Ich habe gedacht, wenn wir im gleichen Konzern arbeiten, klappt das. Ja, ich bin dann versetzt worden von Tchibo ins Allgäu. Aber zumindest war es mal die gleiche Payroll, auf der wir standen. Ja ich war da Führungsnachwuchskraft Vertrieb, da macht man so ein Trainee-Programm durch. Hatte alle 4 Wochen Seminare. Aus diesen Führungsnachwuchskräften sollten irgendwann mal die Führungskräfte besetzt werden bei Tchibo. Hab das dann relativ schnell gemacht. War Bezirksleiter im Allgäu, also alles was zwischen Ulm, Augsburg und bis zur österreichischen Grenze liegt, war meins.
Das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, weil man komplett schnell selbstständig Verantwortung hatte und einfach mal für diese ganze Region von diesem großen Konzern verantwortlich war. Das fand ich irre und bin dann relativ schnell befördert worden zum Expansionsleiter Bayern, Süddeutschland und habe dann zum Schluss auch noch einige Projekte für den Vorstand gemacht.
Ein Expansion-Projekt zum Schluss war sehr spannend. Und dann kam ja mein erstes großes Learning, was ein Konzern angeht.
Thomas: Aber bevor wir das verraten, habe ich eine kurze Frage Achim. Meine liebe Maria, die trinkt auch tatsächlich seit Jahren Tchibo Kaffee. Sie sagt: „Er schmeckt mir einfach am besten.“ Ich bin ja einer, der noch mal so ein paar andere Geschichten auch gerne ausprobiert, und sie sagt: „Nö, der schmeckt am besten.“
Tja beste Bohne steht, glaube ich auch, drunter. Und ich kann mich dran erinnern, 1988, als ich in Hamburg mein Technikerstudium gemacht habe, sind wir immer rübergegangen. Wir waren in der Richard Straße,
kreuzte direkt mit der Hamburger Straße, da gab es das Hamburger Einkaufszentrum. In der Pause haben wir bei Tchibo, ich glaube tatsächlich für eine Mark, Kaffee getrunken, und man konnte auch mal hingehen und die Tasse nachfüllen lassen. Und das war auch Tchibo. Da war von Starbucks und den ganzen Konsorten noch gar nicht die Rede. Die gab’s doch ja noch gar nicht.
Achim: Ja, so schlimm, dass Tchibo sich das Geschäft dann hat entreißen lassen, weil sie immer mehr auf Non-Food gesetzt haben und diese Kaffeebars, quasi, eine Zeitlang abgeschafft haben. Heute ist das ja alles wieder anders, und die haben das wieder eingesehen. Und das ist so das, was mir so wirklich leid tut, weil die, also Herr Herz oder Tchibo uns eigentlich leidtun, dass sie sich ein super erfolgsreiches Unternehmen – da waren sie eigentlich der Platzhirsch, ein Starbucks hätte keine Schnitte haben dürfen – leider haben abnehmen lassen.
Thomas: Noch mal, also die Frage, das was du von deinen Großeltern, von deinen Eltern auch alles schon so mitbekommen hast, auch gelernt hast, konntest du das, plus auch natürlich deine ganze Erfahrung und Kenntnisse aus dem Studium bei Tchibo auch einbringen? Oder war das gefühlt gar nicht möglich, dass die Unternehmenserfahrung aus dem eigenen Elternhaus da Einfluss hatte?
Achim: Ja, ich denke sehr, habe ich das gebraucht. Auf der anderen Seite, war das auch gar nicht möglich.
Also ich denke beides, sehr, weil natürlich so ein hanseatisch geführtes Unternehmen wie Tchibo, wo der Inhaber das Blatt Papier auch von der Rückseite beschreibt, sehr sparsam ist, so wie ich es auch selber gelernt habe. Das passte einfach gut zusammen. Dann so ein Gebiet zu führen, wo man diese Grundsätze dann auch seinen Kunden vermitteln und umsetzen kann.
Das hat einfach wie die Faust aufs Auge gepasst.
• Das konnte ich auf jeden Fall nutzen. Wenn wir unter anderem selbstständige Einzelhändler bei Tchibo betreut haben, und ich z.B. mit einem selbstständigen Edeka Händler gesprochen hab, dann hat der gemerkt: „Hey der kommt selber aus einem Unternehmerhaushalt, aus einem kleinen mittelständischen Unternehmen.“ Dann wusste der auch, dass ich dafür Verständnis habe, und dann war da auch gleich eine Augenhöhe hergestellt.
• Auf der anderen Seite habe ich Handelsbetriebslehre studiert, das heißt, ich konnte auch diese Handelssachen von der Hochschule und kannte dem ein oder anderen Händlern auch so ein bisschen was erzählen und sagen: „Hey du könntest deine Instore-Logistikkosten da verändern, wenn du das und das tust. Oder warum überlegst du nicht mal, das oder das zu tun.“ Und ich war dann eher Gesamtberater als irgendwie Verkäufer von Tchibo, und das lässt dich natürlich in der Gunst beim Kunden steigen, und auf der anderen Seite macht es dir das Leben viel einfacher, das auf jeden Fall.
Dann ist es allerdings so, dass ein Konzern irgendwann nicht mehr so wie ein kleines mittelständisches Unternehmen ist. Da gibt’s halt auch von oben Entscheidungen, die du dann als Einzelner, ich glaube mal, im mittleren Management nicht mehr so ganz… Das war dann so ein Grund für mich, wo ich ja sagen würde, ein Konzern ist nichts mehr für mich, weil du dann Sachen umsetzen musst…
Thomas: … hinter dem man gar nicht steht.
Achim: … die nicht mehr so für mich gepasst haben, ja.
Thomas: Genau, das war so ein Punkt, wo es dann im Grunde so einen kleinen Knall gegeben hat. Jetzt glauben ja zumindest viele, also auch aus Gesprächen, die ich mit anderen Menschen führe, und auch, wenn ich so 20, 30 Jahre zurückblicke, wo dann auch irgendwelche Freunde studiert haben: „Ja ich will unbedingt im Konzern, unbedingt im Konzern, unbedingt im Konzern und so.“
Jetzt glauben ja viele, ja das ist die größte Sicherheit im Leben, wenn du bei einem Konzert ein Job hast, bei einem Konzern, nicht beim Konzert. Also wenn du kein Klopapier klaust und keine goldenen Löffel mitgehen lässt, hast du ausgesorgt. Dann kannst du bleiben bis zur Rente, ist nicht so, oder?
Achim: Nee, eben nicht, das war mein erstes großes Learning. Ich bin nämlich entlassen worden.
Thomas: Ja, obwohl du ja zu den Top-Leuten gehört hast. Du warst in deinem Bereich immer vorne mit dabei.
Achim: Ja, ich habe jedes einzelne Ziel, was man als Unternehmen gesetzt hat, übererfüllt. Ich habe kein einziges Ziel nicht nur erfüllt, sondern alle einzelne Ziele übererfüllt.
Thomas: Deswegen habe sie dich rausgeschmissen. Die Anderen hatten keine Chance, die haben gesagt, der Rehahn muss weg, damit die anderen machen…
Achim: Ja, so ähnlich. Nein, ich war ja auch bei meinem Kollegen…, ja wir waren alle dick befreundet.
Und mit meinem Chef hatte ich auch ein gutes Klima. Das passte alles.
Aber das Unternehmen war irgendwann an den Punkt, wo alle Vertriebsführungskräfte unter 30 Jahren entlassen wurden, wo nach Sozialpunkten entlassen wurde, weil es dem Unternehmen an sich nicht so gut ging zu der Zeit.
Das war für mich wirklich ein ganz hartes Learning. Also das es völlig wurscht ist,
wie deine Leistung ist. Und es hat gar nichts mit dem Unternehmen zu tun.
Also, dass es jetzt Tchibo spezifisch ist, sondern das kann auch in jedem anderen Unternehmen passieren. Und die haben sich da auch eigentlich nichts vorzuwerfen. Überhaupt nicht. Aber es war einfach so, dass damals nach Sozialpunkten die Leute entlassen wurden, was dazu führte, dass die Alten blieben und die Jungen gehen mussten. Das konnte ich nicht nachvollziehen. Da ist meine Welt völlig zusammengebrochen in dem Moment. Ich habe aber auch ganz schnell gesagt:
„Ok dann ist es so. Dann müsst ihr ohne mich klarkommen, und ich mache dann was völlig anderes.“
Thomas: Aber wann ist dir das gekommen? Also, erstmal ist es so ein Schock. Du hast dich wohlgefühlt. Deine Frau war ja auch bei Tchibo, und du hast gedacht: „Mensch, das macht Spaß hier. Hier kann ich mich einbringen.“ All das, was du gesagt hast, und dann kommt diese Entlassung. Wie bist du damit umgegangen? Gab es einen Brief, gab es eine Mail, gab es einen Anruf oder ein persönliches Gespräch?
Achim: Ja es war so, dass ich zu einem Informationsgespräch in die Zentrale eingeladen wurde.
Witzigerweise. Und nicht nur ich, alle, die in meinem Alter waren, wurden da eingeladen, und ich habe dann auf dem Weg noch einen Kunden akquiriert für Tchibo. Bin dann dahin geflogen, und dann ist da ein Mensch, den ich nicht kannte bis dato. Und das ist das einzige, was ich also, nicht dem Unternehmen, diesem einzelnen Menschen ankreide, ist, dass man das so nicht macht, finde ich. Er ist hereingekommen, hatte keine Ahnung, 20 Umschläge in der Hand und hat dann gesagt: „Leute, hier, weil wir mit ihren Fähigkeiten in diesem Unternehmen nichts mehr anfangen können…“
Und hat jedem den Brief gegeben, wo die Konditionen der Entlassung quasi drin standen und nochmal schriftlich die Entlassung selber.
Thomas: Also, es gab auch kein Einzelgespräch. Da saßen 20, wie in der Schulklasse früher, und dann kam der Pauker rein und hat die Arbeiten verteilt.
Achim: Ja, genau. Das ist das einzige, was ich da ankreide. Das finde ich, das ging einfach nicht. Aber jetzt im Nachhinein, ist lange her, ist alles in Ordnung aber in dem Moment ist da für mich eine Welt zusammengebrochen, weil ich einfach… ich glaube ich wäre heute noch da, wenn das nicht so gewesen wäre.
Thomas: In welchem Jahr war das?
Achim: Ende 2008. Also relativ schnell nach 3 Jahren Tchibo, nach relativ schneller Karriere. Das Ende, weil ich zu jung war und keine Kinder hatte.
Thomas: Was hast du dann gemacht? Also zum Flughafen und gesagt: „Ab nach Hause. Oder?“
Achim: Ja, ich erinnere mich an eine Situation, das fand ich irre. Es haben mich zwei Leute eingestellt, und alle beide habe ich witzigerweise – die haben 10.000 Mitarbeitern, – auf dem Weg raus getroffen.
Thomas: Ja, klar.
Achim: Und der eine von denen wusste nicht, dass das passiert war. Dem habe ich das erzählt, und der hat angefangen zu weinen. Das werde ich nicht vergessen. Er ist heute großer Manager bei einem Fastfood Konzern mit dem großen M. Dann bin ich nach Hause geflogen, nach München damals, und ich hatte eine unfassbare Wut. Es war irgendwie komisch, aber ich habe dann relativ schnell innerhalb von einigen Tagen gesagt: „Okay, das ist einfach so. Ich bin Mitte zwanzig. Ich werde schon was finden. Das wird schon passen.“
Ich hatte ein halbes Jahr Kündigungsfrist. Ich habe dann aber auch bis zum letzten Tag komplett normal weiter gearbeitet.
Ich habe gesagt: „Okay, hanseatisch wir haben einen Vertrag miteinander der sagt, bis zum Datum X bin ich noch dabei. Also werde ich bis zum Datum X perfekt meine Leistung bringen. Werde dann denen meinen Firmenwagen geben und fertig. Und so habe ich es auch gemacht, und das fand ich aufrichtig, ehrlich, und das war in Ordnung.“
Thomas: Ja, auch integer. Ich meine klar, kann man sich auch arschlochmäßig verhalten. Solche Leute gibt’s nun mal. Ja und die sich dann sofort krank melden. Ich muss mir einen gelben Schein holen. Na ja, okay. Du hast das sauber beendet. Sehr schön.
Achim: Genau.
Thomas: Zwischendurch eine völlig andere Frage Achim: „Hattest du schon mal Stress mit der Polizei?“
Achim: Ja, aber das ist auch schon lange her. Das war, ehrlich gesagt, relativ kurz danach. Da war meine erste Tochter Greta geboren, und bei uns gibt’s so eine Straße die darf man ab 22 Uhr nicht mehr befahren, weil die am Krankenhaus vorbeiführt. Greta ist in Aachen geboren, nicht in Eschweiler, und ich bin dann aber in Eschweiler an dem Krankenhaus vorbeigefahren irgendwann nachts um 12 Uhr, und dann hat mich die Polizei angehalten. Ich hatte keinen Führerschein dabei, keinen Personalausweis dabei. In der Straße, wo ich nicht fahren darf. Aber das habe ich wieder durch ein nettes Gespräch geklärt und es war alles in Ordnung.
Thomas: Gut. Und noch eine völlig andere Frage: „Was darf in deinen Kühlschrank, in eurem Kühlschrank ganz speziell für dich, niemals fehlen?“
Achim: In meinem Kühlschrank, darf niemals eine schöne, kühle Flasche Bier fehlen.
Thomas: Ah okay. Es gab den letzten Tag. Du hast den Firmenwagen abgegeben. Ja, dann hast du da gesessen. Was hast du denn gemacht? Däumchen gedreht oder wusstest du, ich gehe zum nächsten Konzern oder ich mache irgendwie jetzt was Eigenes.
Achim: Ja, ich habe zwei Dinge getan. Ich habe schon natürlich während der Zeit nicht einfach abgewartet, sondern in diesem halben Jahr habe ich mich bei anderen Konzernen beworben. Hatte dann auch mehrere Zusagen konkret einen Arbeitsvertrag auf dem Tisch liegen, und ich wollte den schon unterschreiben. Das war Freitag Nachmittag, und dann sagte meine Freundin damals…
Thomas: Die heute deine Frau ist.
Achim: Ganz genau. Wir wollen noch zum Gardasee fahren. Ob du das jetzt heute unterschreibst oder ob du es am Sonntagabend unterschreibst. Es wird ja immer später. Dann habe ich das liegen lassen und bin mit ihr zum Gardasee gefahren. Auf dem Rückweg, wir fuhren gerade über den Brennerpass, sagte ich zu ihr: „Mensch Annika, was wäre denn, wenn wir unser eigenes Unternehmen gründen, statt noch mal in so einen Konzern zu gehen.“ Und ich weiß nicht, ob es daran lag, dass sie damals schwanger war, die hat direkt gesagt: „Okay, können wir machen.“ Und dann habe ich gedacht: „Na gut, dann machen wir das.“ Dann habe ich den Arbeitsvertrag nicht unterschrieben. Dann war die Idee, zum ersten Unternehmen geboren. Mehr hatten wir aber zu dem Zeitpunkt nicht.
Thomas: Es ist erstmal wichtig, die Entscheidung zu treffen. Wir machen es grundsätzlich, dann kann man sich immer noch überlegen, was verkauft wird oder produziert wird.
Achim: Genau.
Thomas: Machen wir mal einen kleinen Sprung. Die Ärztin, die zu dir sagte: „Herr Rehahn, wenn Sie die Nacht überleben, sind wir schon einen großen Schritt weiter.“ Wann ist das gewesen und was ist da passiert?
Achim: Ja, das war im Jahre 2009. Ich hatte gerade mein Unternehmen gegründet: 8 Seasons Design.
Wir haben damals Dekorationsartikel aus Asien importiert. War nicht so die tolle Idee, es war knallhart, wahnsinnig viel Arbeit. Ich habe 90 Stunden die Woche gearbeitet. Habe es aber nicht so genau gezählt, quasi immer gearbeitet. Ich habe dann im November 2008 eine Grippe gehabt, die ich scheinbar verschleppt habe. Ja, ich hatte immer schon mal Schnupfen und habe trotzdem weiter Sport gemacht und weiter gearbeitet. Ich habe das jetzt nicht so als hinderlich empfunden und über Weihnachten wurde es dann immer irgendwie schlechter. Die Grippe war eigentlich weg, aber irgendwie ging es mir nicht gut und dann Anfang Januar konnte ich nicht mehr schlafen. Ich hatte Schmerzen im ganzen Körper und konnte nur auf dem Sofa schlafen. Meine Frau sagte dann, dass „Nicht, dass du was am Herzen hast.“ Und ich sagte: „Annika, ich am Herzen…“
Thomas: Quatsch, ich doch nicht. 800-Meter-Läufer, bitte…
Achim: Das kann doch eigentlich nicht sein. Ja, zeitgleich, wo du nämlich gerade sagst, 800-Meter-Läufer, ist ein gleichaltriger 800-Meter-Läufer aus der Nationalmannschaft – Rene Herms – leider an einer Herzmuskelentzündung gestorben. Er hatte auch eine Grippe verschleppt. Ist abends eingeschlafen, morgens nicht mehr wach geworden. Und das hat mich dann schon ein bisschen zum Nachdenken gebracht, wo ich dachte, nur hoffentlich hast du nicht sowas. Aber irgendwie tat es ja gar nicht am Herzen weh, es tat im Rücken weh und so war das irgendwie alles ein bisschen seltsam. Dann war Messe in Frankfurt. Ich habe immer weiter gearbeitet. Wir sind zur Messe gefahren. Man muss sich das damals vorstellen. Ich war ja Putzfrau und CEO in einem in meinem Start-up, und das heißt, wenn ich nicht mit zur Messe fahre, und mit aufbaue, ob es mir gut geht oder schlecht, dann wird der Messestand einfach nicht fertig. Und die werden die Messe nicht verschieben, nur weil ich nicht da bin. Dann bin ich also darunter, hatte meinen Bruder dabei, der mir geholfen hat, und einen Hilfsarbeiter, einen wunderbaren Handwerker, den Rudi, der uns geholfen hat, den Messestand aufzubauen. Die waren beide nur Helfer, sage ich mal. Die wussten aber nicht, was so richtig zu machen ist beim Stand. Also war nur ich und ich bin mit unheimlichen Schmerzen nach unten. Auf der Autobahn 3 Köln Richtung Frankfurt wurde mir irgendwann ganz schummrig, mir was schlecht, und alles drehte sich, und ich fühlte mich richtig elend. Hab dann auf der Messe ein paar Stunden mitgeholfen. Habe dann gesagt: „Jungs, macht bitte das und das und das. Ich suche mir mal irgendeinen Arzt, in der Nähe von unserer Pension in Bad Soden. Irgendwer muss mal nachschauen.“ Hat er angeschaut, hat gesagt es ist eine Bronchitis oder eine Myokarditis. Wir nehmen mal Blut ab und das geht in so ein Schnellverfahren, dass wir ganz schnell eine Info haben. Fahren Sie mal in ihr Hotel. War ja nur eine Pension damals, habe ich ihm nicht gesagt. Und dann werden wir ganz schnell Gewissheit haben. Ich glaube aber es ist eine Bronchitis, sagte er. Bronchitis hatte ich auch schon mal gehört, dann ging ich davon aus, das wird schon eine Bronchitis sein.
Bin kurz in die Pension, dann hatte ich keine Ruhe, bin dann zurück zur Messe und als ich dort ankam, klingelt mein Handy und der Arzt sagte: „Herr Rehahn, ist doch was Schlimmes, ist eine Myokarditis. In welchem Hotel sind Sie? Wir schicken Ihnen sofort einen Krankenwagen, der bringt Sie in die Main-Taunus-Klinik nach Bad Soden. Die warten da schon auf Sie.“
Thomas: Okay
Achim: Sagte ihm dann, wissen Sie, ich bin gar nicht im Hotel. Ich bin auf der Messe. Hier ist auch so ein Gewusel. Sie werden mich nicht finden und ich fahre da selber hin. Und der sagt: „Nee, auf keinen Fall, auf keinen Fall.“ Letztendlich hat mich dann mein Bruder gefahren, und um nur mal zu beschreiben, wie wenig ich die Situation einschätzen konnte. Ich bin ja sehr sparsam, also habe ich nicht auf dem Parkplatz des Krankenhauses geparkt, weil es kostet ja Geld, sondern außen irgendwo. Wir sind dann zu Fuß erstmal über so eine grüne Wiese bis zum Krankenhaus gelaufen. Als ich ankam haben sie mich gleich auf das Bett gelegt. Ich durfte mich nicht mehr bewegen und nichts. Und dann frag ich diese junge Ärztin: „Sagen sie mal, was habe ich denn eigentlich?“ Und dann sagte sie nur diese Antwort, die du eben schon sagtest:
„Wenn Sie diese Nacht überleben, dann sind sie einen wichtigen Schritt weiter.“
Da wurde mir doch ein bisschen anders. Ja und dann hat es ewig gedauert bis ich… Ich war erstmal eine Zeitlang auf der Intensivstation, danach normale Station, und ich habe dann wirklich immer gemerkt, in drei Monatsabschnitten, rückwirkend geschaut, dass ich wieder ein bisschen fitter geworden bin, und das hat letztendlich 2-3 Jahre gedauert. Und ich bin heute lange nicht mehr der, wenn ich das jetzt mal nur sportlich betrachte, der ich vorher war. Und das ist auch in Ordnung. Ich komme damit klar. Also es geht halt nicht mehr, dass ich immer nur erster bin. Ich laufe immer noch drei, viermal die Woche so 10 Kilometer, das geht schon, aber ist halt nicht mehr so, dass ich jetzt irgendwie…
Thomas: Du rennst nicht mehr. Du läufst jetzt, sage ich mal. Du rennst halt nicht mehr.
Achim: Ja, ich bin vom Läufer zum Jogger geworden.
Thomas: Das ist natürlich schlimm, wenn einer sagt: „Thomas, du bist Jogger.“ Das mag ich nicht. Ich sage dann: „Ne, Ich bin Läufer.“
Du hast schon gesagt Achim, 8 Seasons Design. Und du hast erst einmal alles Mögliche aus Asien importiert. Aber dann ist dir im Grunde ein Licht aufgegangen.
Du hast da bei jemandem gesessen, mit dem wolltest du irgendwie Geschäfte machen und umgekehrt. Und dann hat er dich erstmal warten lassen. Ja, wie das ja viele so machen. Der Kleine da, denn können wir warten lassen. Du hast da gehockt und da was gesehen im Flur und hast die Sekretärin angesprochen: „Sagen Sie mal…“ Erzähl weiter, was ist da passiert Achim?
Achim: Also stell dir vor, ich bin damals mit meinen Dekoartikeln mit meinem alten Golf so rumgefahren, und es war ganz schwierig, Termine bei Kunden zu bekommen. Und dann muss man halt manchmal noch warten. Das ist doch kein Augenhöhe-Prinzip. Wollte ich immer, aber wenn sie einfach nicht kaufen wollen, dann ist das mit der Augenhöhe auch schwer manchmal. Und ich saß dann da, bei einem Großhändler und sah, beleuchtete Kugeln aus Kunststoff und fragte dann diese…
Thomas: Ich will das nur nochmal verstärken, für alle Podcast-Hörer, beleuchtete Kugeln aus Kunststoff.
Etwas was keiner braucht.
Achim: Ja, in der Tat. Ja, genau. Das braucht keiner, wollen aber viele haben und das Verrückte in der Situation, weil ich mir das Preisschild anschaute. Und das war ein Großhandel und da war irgendwie ein Preisschild dran 400 irgendwas Euro. Und dachte ich, boah krass. Dann kostet das im Laden irgendwie 1000 oder 800-900 Euro. Dann fragte ich eine Mitarbeiterin: „Sagen sie mal, laufen diese Kugel? Verkaufen Sie die?“ Und die sagte mir: „Ja. Hören Sie mir auf! Davon verkaufen wir ein paar Paletten jede Woche. Die laufen richtig gut. Ist im Moment der absolute Trend.“ Dann habe ich bei dem Termin mit dem Kunden, an dem Tag leider auch wieder nichts verkauft und fuhr da mit meinem Golf nach Hause und dachte mir,
beleuchtete Kugeln.
Thomas: Das ist der Hammer!
Achim: Wenn du die irgendwie zu Weihnachten machen würdest. Ich wusste zu der Zeit, Weihnachtsbeleuchtung war ein großes Thema. Wenn du die irgendwie zur Weihnachtsbeleuchtung machen würdest, das wäre Klasse. Und zu Weihnachten, das wusste ich aus dem Betrieb meiner Eltern, läuft alles, was mit Sternen zu tun hat.
Thomas: Ja, klar!
Achim: Und da habe ich gedacht, wenn du so einen beleuchteten Stern aus Kunststoff machst, das könnte ein tollen Artikel sein. Diese Idee habe ich dann in mein Ideenjournal geschrieben. Ich habe ein Ideenjournal, was ich seit vielen Jahren führe und da habe ich das erstmal reingeschrieben. Habe dann einen Freund von mir, als es konkreter wurde, angerufen, den Ignaz, der ist Patentanwalt, und habe gesagt: „Hör mal Igi, ich würde gern beleuchtete Sterne schützen. Kann ich das?“ Und der Igi ist Bayer, der sagte dann, „Ja, mey Achim, das kannst schon, aber ich weiß nitt ob`s was bringt.“ Und dann haben wir das als Geschmacksmuster geschützt, diese Idee. Und dann war die Idee, ich fahr wieder nach China, und dann werde ich irgendwen finden, der mir das produzieren kann, und dann verkaufe ich das hier. Den habe ich aber erstmal nicht gefunden. Ich habe ganz China leer gesucht sozusagen und hab ihn nicht gefunden. Hab dann final eine Firma auf den Philippinen gefunden, die uns das auch in einer ganz schlechten Qualität aus Fiberglas machen konnte. Dachte mir erst damals, nein wir machen es nicht, weil die Qualität so schlecht ist, und dann dachte ich, na ja, probier’s einfach mal, guck mal, wie das läuft.
Dann hatten wir wieder Messe in Frankfurt, und ich hatte einen Messestand gehabt, 60 Quadratmeter. Ich hatte meine letzte Kohle für Messestand ausgegeben und hatte einen ganz kleinen Bereich Beleuchtung, und den ganz großen Bereich Dekorationsartikel. Man kann sich das vorstellen 90% Dekoration 10% oder noch weniger Beleuchtung. Und ich habe dann mit diesem Beleuchtungspart des Standes 99,99% des Umsatzes gemacht. Ich habe 10 Container in 5 Tagen verkauft. Das war irre damals, also das war wirklich unfassbar und mit dieser Idee, mit dem Stern ist da dann alles gestartet. Ich habe dann ganz schnell das Deko-Sortiment komplett in die Tonne getreten und nur noch Beleuchtung gemacht. Mit Stern angefangen, Sterne verkauft, überall hin, also wirklich an jedem Händler, den es irgendwie gibt. Also von großen Kaufhäusern, über Katalog-Versender, die am Anfang bei uns ganz stark waren. Da waren alle Katalog-Versender dabei, die es so gibt, über Gartencenter, Baumärkte, Supermärkte, Riesenketten, die bei uns gekauft haben. Das war richtig cool.
Und das war auch das geilste Gefühl, deswegen gründe ich auch so gern Unternehmen. Wenn aus dem Puschen in den Markt herein irgendwann der Sog aus dem Markt kommt, also wenn die Bestellungen bei dir anfangen, und du gehst ran, und plötzlich ist eine Riesenfirma dran, die Milliardenumsätze machen und die sagen, ich möchte gern bei dir kaufen. Geiles Gefühl und, ach, da kriege ich Gänsehaut, wenn ich darüber spreche.
Thomas: Ja, und wie lange hat es dann gebraucht, dass du, wie ich schon vorhin angekündigt habe, in Deutschland in dem Bereich auch Marktführer geworden bist?
Achim: Ja, ich habe dann ganz schnell andere Artikel nachgezogen, also Stern, Blume, Pilze, Bäume, allen möglichen beleuchteten Krempel. Und dann ging das ganz, ganz schnell. Das ist natürlich ein sehr spitzer Markt, muss ich sagen, jetzt nicht die Beleuchtung, dass wir dann stärker waren als Osram oder so, sondern was dekorative Außenleuchten betrifft. Das hat letztendlich nur etwa 1, 2 Jahre gedauert bis wir dann in Deutschland führend waren.
Thomas: Dann kam Europa dazu. Ach komm Deutschland, das ging ja flott. Machen mal noch Europa, so den Marktführer hier. Und wann hast du für dich erkannt, dass du wusstest, jetzt will ich das Ding verkaufen? Wo kam dann dieser Impuls her oder diese Idee oder der Wunsch?
Achim: Ja, da muss man einen Schritt zurückgehen. Ich habe mit 18 Jahren meine Lebensziele aufgeschrieben.
Ich habe gelesen damals, ich glaube von der Harvard University gibt’s so eine Studie, dass die Menschen, die sich ihre Ziele schriftlich notieren, werden viel erfolgreicher werden, als die, die es nicht tun.
Und dann habe ich damals gedacht mit 18: „Na ja, schreibst du es halt mal auf!“ Witzigerweise habe ich fast alles, außer einem Punkt aus den Zielen, die ich mir damals gesetzt habe und immer mal wieder angepasst habe erreicht. Das muss man dazu sagen, ich musste irgendwann mal D-Mark gegen Euro tauschen. Ich habe viele Sachen zwar angepasst, aber eigentlich sind alle Sachen eingetreten, die ich da erreichen wollte. Und das war der Punkt. Da war ich Anfang 30, und hatte plötzlich alle diese Ziele erreicht. Also finanziell, wie auch familiär, wie auch, dass ich ein Haus haben wollte, und alles, was ich so für mich aufgeschrieben hatte. Da hatte ich außer einem Ziel alles erreicht. Und dann habe ich mir gedacht, als ich mit meiner kleinsten Tochter Anna, vor unserem Firmengebäude saß, Mensch, willst du jetzt dein Leben lang Lampenhändler sein? Ich habe ja dem Tod auch mal ins Auge geblickt mit meiner Herzmuskelentzündung und dachte mir: „Nee, da muss doch noch irgendwas anderes kommen. Das kann doch nicht alles sein.“ Dann hörte ich zeitgleich von einem Bekannten, der seine Firma für einen zweistelligen Millionenbetrag verkauft hat, und dann dachte ich mir, wenn der seine Firma verkaufen kann, dann versuchst du es jetzt auch noch. Und das war der Moment der Idee.
Thomas: Und das hat dann wie lange ungefähr gedauert? Das ist ja nicht von heute auf gleich. Ich verkaufe meine Firma, dann greift man mal zum Telefon und fragt irgendwen: „Hast du Bock meine Firma zu kaufen?“ So schnell geht’s ja nicht. Wie lange hat das gebraucht, bis das alles vollzogen war?
Achim: Ja also, die Ursprungsidee irgendwie hatte ich Ende 2015, und verkauft habe ich dann im April 2017, rückwirkend zum 01.01.17. Also es hat, roundabout, mal so ein gutes, richtig gutes Jahr gedauert, wobei das wahnsinnig schnell ist. Ich halte heute Vorträge zu diesem Thema Unternehmenskauf und Nachfolge und wenn ich das mit anderen vergleiche, ist das wahnsinnig schnell. Normal dauert das zwei oder drei Jahre Minimum, das zu verkaufen. Es war natürlich bei mir auch so, dass das Unternehmen hervorragend dastand. Dann ist es natürlich auch wesentlich einfacher, sowas zu verkaufen, als wenn das Unternehmen irgendwie nicht so gut dasteht.
Thomas: Ja, das ist klar. Du hast mir ja auch schon verraten. Ah! Ich habe trotzdem einige Fehler gemacht. Auch darüber berichtest du ja heute. Es gibt ja bei dir, wie du es gerade schon angekündigt hast, eben auch dieses Thema, dass du Menschen hilfst, also Unternehmern hilfst, wenn sie ihr Unternehmen verkaufen wollen, um ihnen zu zeigen, wie es wirklich gut funktioniert und vor allen Dingen auch, dass sie nicht die gleichen Fehler machen, wie du sie gemacht hast.
Was waren denn deine zwei größten Fehler, die du aus deiner Sicht selber gemacht hast, beim Unternehmenskauf?
Achim:
• Ja, also ein Riesenfehler war, ich habe mich nach dem Verkauf noch für zwei Jahre verpflichtet, weiter einer der Geschäftsführer zu sein, und das Unternehmen dann Stück für Stück, dem neuen Eigentümer zu übergeben. Das war im Nachhinein betrachtet ein Riesenfehler, weil es einfach nicht mehr so dein Unternehmen ist. Und ich war ja auf dem Weg raus aus dem Unternehmen. Der neue Eigentümer hatte natürlich, kann ich auch verstehen, unheimlich viele Wünsche, wie er das Unternehmen entwickeln möchte und hat mich dann immer mehr in Beschlag genommen, dass ich da natürlich auch was tue. Und dann passt das dir nicht mehr so, weil das, was der da von dem Unternehmen haben wollte, war nicht mehr das, was ich machen wollte mit dem Unternehmen und wenn du dann… Irgendwie hast du es weggegeben, bist, aber dennoch mit dabei. Das ist ein Riesenkonflikt, in dem du da permanent bist, und ich habe in der Zeit sehr schlecht geschlafen. Es war wirklich doof. Das war ein Riesenfehler.
Das kann ich nur empfehlen, wenn ihr es verkauft dann weg und von mir aus noch extern als Berater dabei sein, das ist eine Sache, aber nicht mehr in der Verantwortung.
• Der zweite Punkt ist, ich habe dann auch folgendes gemacht. Der hat sehr viel Geld in den Aufbau einer neuen Fabrik investiert, und da ich noch einen kleinen Anteil an der Firma hatte, habe ich auch mit investiert. Und dann investierst du in etwas rein, was du nicht mehr selber komplett beeinflussen kannst. Und wenn du dann feststellst, dass der andere, der menschlich, glaube ich, völlig in Ordnung ist, aber der betrieblich komplett andere Vorstellung hat von dem, weil er auch aus einen ganz anderen soziokulturellem Umfeld kommt und ganz anders aufgewachsen ist.
Dieses Beschreiben des Blattpapiers von der Rückseite, das war der jetzt nicht so gewohnt und das ist nicht gut, wenn du dann ständig einstecken musst und nicht mehr so du selbst bist. Das war wirklich nicht gut und hat mich letztendlich auch Geld gekostet.
Man muss sich jetzt keine Sorgen um mich machen. Ist alles gut. Aber da habe ich auch wieder ein bisschen von dem Geld zurückgegeben habe mich letztendlich dann am Ende da rausgekauft.
Thomas: Achim kommen wir gleich dazu. Du hast schon was Neues angefangen. Bevor ich darauf eingehe, habe ich noch mal so eine pikante Frage.
Achim: ja.
Thomas: Mal diese Frage. Wer war die verrückteste Person, der du bisher in deinem Leben begegnet bist?
Achim: Ja, ich bin ja in der Dekorationsbranche so lange tätig gewesen. Hör mal, da triffst du jeden Tag Menschen, wo du dir denkst, es ist schon ziemlich verrückt. Ich habe keine Person, die ich jetzt so spontan als „verrückteste Person“ betrachten würde. Vielleicht bin ich das selbst, weil ich ganz oft denke, Mensch Achim, du mit deinen Ideen und deiner… Ich bin so. Der von uns beiden bekannte Rolf Schmiel, der Speaker, hat mal gesagt: „Achim du bist so ein erfolgreicher Unternehmer, der da auch ein paar Mark fünfzig verdient hat und alles super aufgebaut hat, aber wenn ich dich sehe, du kommst mir vor wie ein Sozialpädagoge. Das passt ja irgendwie gar nicht dazu. Du bist nicht der Proll und fährst keinen Porsche. Das passt nicht.“
Also ich glaube, ich bin eigentlich der verrückteste, den ich in meinem Leben kennengelernt habt, weil ich so ambivalent bin.
Thomas: Ja und auch so bodenständig. Oder?
Achim: Ja.
Thomas: Auch so bodenständig, dass man dir das nicht ansieht. Es gibt ja hier in Blankenese auch jemanden, einen sehr bekannten Sänger, Bosse heißt er. Axel Bosse, und der ist mir auch im Dorf schon übern Weg gelaufen. Ich habe letztens zu jemanden gesagt, wenn du Bosse im Dorf siehst, in Blankenese, da spricht man vom Dorf, dann kriegst du das Gefühl, ich muss dem mal irgendwie 50 € zustecken oder 100, dass er sich da vernünftige Klamotten kauft. Der rennt rum, wie der letzte Heuler. Da würde niemand denken, dass er sehr wahrscheinlich, da gehe ich aber mal von aus, bei Bosse, schon siebenstelliges Geld verdient hat mit seiner Musik. Und wenn du den siehst, denkst du, steck dem mal ein bisschen was zu! So schlimm ist das bei dir nicht, oder?
Achim: Nö!
Thomas: Achim, du hast dann ja nicht stillsitzen können, hast du mir damals schon mal verraten.
Ja als die Firma dann verkauft war, hast du natürlich überlegt: Was mache ich jetzt? Und das war auch so ein Prozess, der ja mehr als 12 Monate gebraucht hat. Wann bist du also drauf gekommen, das zu wissen mit Mitte 30? Was mache ich denn jetzt? Was ist da passiert? Wie hast du das geschafft, wieder eine neue Idee zu bekommen?
Achim: Ja also, ich habe erstmal dieses Gefühl, jetzt hast du es geschafft und alles erreicht und super. Du musst dir nie mehr Sorgen um irgendwas machen. Das hält für 48 Stunden, kann ich berichten, dann ist das weg.
Und ich wusste immer, ich will irgendwas anderes machen. Will jetzt nicht irgendwie herumsitzen, für mich mal ganz wichtig. Ich will meinen Kindern ein Vorbild sein, das es ganz wichtig ist, früh morgens aufzustehen, über den Tag die richtigen Dinge zu tun und die Dinge richtig zu tun und abends beruhigt in den Spiegel zu gucken und dann einzuschlafen.
Das war mir immer ganz wichtig. Die müssen irgendwie jemand haben… Macht keinen Sinn, wenn ich morgens später aufstehe als meine Kinder und eine Runde Fernseh gucke. Das war nicht so mein Lebensentwurf. Deswegen wusste ich, ich will noch was anderes machen. Ich habe dann einen Lehrauftrag an der Hochschule angenommen. Habe angefangen, Vorträge zu halten zum Thema Unternehmensgründung, Unternehmensaufbau und Unternehmensverkauf.
Ich wusste auch, ich will irgendwann noch mal ein Unternehmen gründen. Aber ich wusste nicht so genau, wann, wie, wo und was. Hab dann jetzt Anfang dieses Jahres gemeinsam mit meinem Kernteam an Mitarbeitern von 8 Seasons, meiner Frau und einigen supermotivierten Studenten die Firma Animal Tree gegründet.
Wir machen eine ganz neuartige, besondere Art der Tierbestattung also ein Markt, von dem ich vorher null Ahnung hatte, und das ist das, was mir so einen Spaß macht, irgendwo hereinzugehen. Ich hatte auch früher ja keine Ahnung von Beleuchtung. Ich wusste nicht mal, was ein Schaltkreis ist, bevor ich damit angefangen habe.
Jetzt aber wieder in ein komplett neuen Markt hereinzugehen und die Tierbestattung zu verändern, indem wir sagen, wir haben eine biologisch abbaubare Tierurne, aus der ein Baum des Erinnerns wächst.
Und das groß zu machen in einer absoluten Nische, aber einen sehr interessanten Markt. Das macht mir unheimlich viel Spaß!
Und das sind eigentlich die Sachen, die ich heute mache. Ich halte Vorträge, coache so ein bisschen Unternehmer und …
Thomas: Doch nicht nur so ein bisschen. Also wenn du sagst, du coachst Unternehmer. Das ist ja nicht so ein bisschen, das ist ja wirklich deine, ganz eigene Geschichte, die du erlebt hast. Du hast ja Erfahrung, gerade im Unternehmensverkauf, die Menschen, die ihr Unternehmen noch nicht verkauft haben, einfach nicht haben, und wenn die dich nicht an ihrer Seite haben beim Unternehmensverkauf.
Also dann sage ich mit meinen Worten, dann kann ich denen garantieren, dass die wahnsinnig viel Geld verlieren und wahnsinnig viel Stress haben oder sogar Pech haben, dass sie, vielleicht nur so viel Geld kriegen, dass sie sich morgen noch irgendwie bei Tchibo einen Kaffee holen. Also, man kann ein Unternehmen verkaufen, aber man kann es auch ganz schlecht tun.
Achim: Richtig, genau.
Man sollte auf jeden Fall drüber nachdenken, das Unternehmen vorzubereiten, dass man es verkaufen kann.
Also, ich glaube schon, ich bin ziemlich sicher, dass wir jedem der das mit uns macht, das Coaching, nicht nur auf der einen Seite die Millionen bringen können, auf der anderen Seite aber auch garantiert einige 100 000 € einsparen, indem wir ihm erklären, wie man ein Unternehmen so verkauft, das er eben nicht riesige Provision zahlen muss an irgendwelche Merger and Acquisition-Berater. Und das stimmt. Da hast du recht, das ist ein Thema. Aber auf der anderen Seite ist natürlich für mich auch wieder dieses Gründen von einem neuen Unternehmen, das ist, so ein Markt auch zu reifen, den es vorher vielleicht so auch gar nicht gab, super spannend.
Thomas: Aufreißend. Da fällt mir noch die Geschichte ein, mit der Spitzhacke deines Opas. Ich habe letztens bei dir ein Bild gesehen, Achim, was hast du denn da gemacht, nee. Dann hast du ja erzählt, ja wir haben Fotoshooting gehabt für Animal Tree, also wie so eine Urne in die Erde kommt. Und mit dem Spaten habt ihr das nicht hingekriegt. Und dann wollte, glaube ich, der Fotograf schon abbrechen, müssen es woanders machen, dann hast du gesagt, nee ich hol mal eben die Spitzhacke vom Opa.
Achim: Ja, das war Sommer. Es war irgendwie im August, glaube ich, und es war ja so pulvertrocken die letzten Jahre und es war mir nicht möglich, das Loch auszuheben. Da habe ich Opas Spitzhacke geholt und der Fotograf hat fotografiert, und weil das Bild, was er gemacht hat so mit anpacken zu tun hat, habe ich es als mein Profilbild genommen.
Thomas: Typisches Rehahn-Bild. Na ja, sehr schön. Also, dann wissen alle schon mal, das ist mir in einem unserer Gespräche auch aufgegangen, selbst diejenigen, die heute ein Unternehmen haben und denken, ja, aber mein Unternehmen ist ja so personalisiert, das kauft doch keine Sau. Mein Unternehmen kann man nicht verkaufen. Ich habe ja keine Produkte, wie Lampen oder Dekoartikel, ich habe ja nur eine Dienstleistung, die kann ich nicht verkaufen. Das ist ein Riesenirrtum. Darüber haben wir ja auch gesprochen.
Achim: Ja, da kann ich vielleicht auch mal ganz schnell ein Beispiel geben.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Unternehmensverkauf immer eine Win-Win-Situation ist.
Ich möchte dir mal folgendes kurzes Beispiel geben. Als meine Eltern ihren Floristengroßhandel geschlossen haben, weil die beiden Söhne es nicht übernommen haben, haben die Teile verkauft, also Teile der Ware an Wettbewerber oder auch die Verkaufs-LKWs an Wettbewerber. Die haben aber im Prinzip das Unternehmen geschlossen. Dann habe ich zwei Jahre später einen der größten Wettbewerber getroffen, auf einer Messe und sagte: „Na haben sie jetzt richtig mehr Umsatz, weil sie den Umsatz meiner Eltern aufgefangen haben?“ Da sagt er: „Nein irgendwie merke ich das gar nicht.“
Und da wurde mir erst klar, dass die Umsätze, wie Wasser sind, was sich seinen Weg sucht. Die Kunden sind nicht ganz Laserstrahl gerichtet zu dem gekommen, sondern die sind zu zig anderen Großhändlern.
Die Mitarbeiter, wenn ich das heute betrachte, arbeiten alle bei Großhändlern, also bei Wettbewerbern, aber bei verschiedenen Wettbewerbern oder bei Kunden meiner Eltern. Das heißt, die Beziehungen, die die damals hatten, die sind eigentlich weg. Die braucht keiner mehr, also die Einkaufsbeziehungen, die haben aber auch die Wettbewerber nicht.
Hätte jetzt der größte Wettbewerber die Firma meiner Eltern gekauft,
• dann hätte der all die Umsätze und dadurch auch die Erträge letztendlich gehabt.
• Der hätte natürlich jetzt die Buchhaltung vielleicht nicht gebraucht, weil er das ja eh schon hatte. Ob er da ein paar Positionen mehr bucht oder nicht, ist egal.
• Aber der hätte die Leute im Verkauf übernehmen können.
• Hätte die guten Mitarbeiter alle bekommen,
• und hätte quasi dann nur davon profitiert.
So hat er davon überhaupt nicht profitiert. Meine Eltern haben letztendlich auch nicht so viel profitiert, wie sie davon hätten profitieren können, und deswegen ist
mein großer Hinweis an die Babyboomer, die jetzt alle in Rente gehen wollen, überlegt ganz genau, ob nicht euer Unternehmen doch verkaufbar ist und schreibt mir sonst eine E-Mail oder ruft mich mal an. Ich wette, da kann ich euch ganz schön helfen, dass ihr doch statt Null, weil ihr einfach die Türe zumacht und abschließt, dann doch zumindest ein Paar 100000 € bis zu einer Million dafür bekommt.
Thomas: Genau. Also ist tatsächlich so, ist kein blöder Schnak. Ihr habt hier niemanden jetzt, also auf der anderen Leitung von mir hier, der keine Ahnung hat also ich kann euch nicht so viel über, fast im Grunde gar nichts über Unternehmensverkauf sagen, da ich noch nie ein Unternehmen verkauft habe. Ich habe aber auch noch eine schöne Story dazu. Ein Kunde von mir, ich verrate seinen Namen nicht. Ich sage nur in welcher Branche er ist: Heizung und Sanitär. Und der hat immer gesagt: „Thomas, ich krieg keine Mitarbeiter, die sind alle weg.
Die sind alle in Beschäftigung.“ Und haben viel darüber gesprochen und eines Tages rief er mich an und sagte “Glückauf, Thomas”. Jetzt weiß man, wo er herkommt, aus dem Ruhrgebiet. Ich kaufe ein Unternehmen. Was machst du? Ich kaufe ein Unternehmen. Ja, ich kriege keine Leute, die sind ja alle in Beschäftigung. Ich habe mich einfach mal umgeschaut, und ich kaufe jetzt ein anderes Unternehmen von jemandem, der seinen Laden verkaufen will.
Da habe ich ja Riesen Vorteile:
• Erstens ich kriege Personal,
• zweitens ich krieg neue Kunden, die der hat,
• und drittens habe ich auch noch Material.
Da brauche ich zwar nicht alles von. Da kann auch viel in den Müll, aber ich kaufe auch Material ein und ich habe ausgebildete Mitarbeiter.
Und der hat das sogar für einen relativ schlanken Preis bekommen, aus dem Grund, dass der, der verkaufen wollte, sagte, na ja gut. Ich habe im Grunde meine Schäfchen im Trockenen. Ich brauch nicht viel, aber wenn ich noch ein bisschen was kriege so, dann gib mal her, nee. Also einfach mal einen ganz anderen Denkansatz haben, und wer, wie gesagt, irgendwie in dieser Situation ist, ein Unternehmen zu verkaufen. Gut, dass ich den Podcast jetzt gehört habe, da sollte ich mal Kontakt aufnehmen. Der findet natürlich in den Shownotes auch die Kontakte vom Achim.
Achim, ich würde natürlich noch gerne mit dir stundenlang weiter reden. Ich komme mal zum Abschluss.
Also, ein paar kurze Fragen: Gibt es in deinem Leben, auch gerade heute jetzt, Vorbilder, wo du sagst, das ist ein Vorbild für mich, Mann oder Frau?
Achim: Ja, ich suche mir immer in allen möglichen Bereichen Vorbilder bei Menschen, die irgendwas, was ich nicht so gut kann, einfach richtig gut machen.
Thomas: Wer ist es aktuell bei dir?
Achim: Ja im Moment, ich bin ja nicht absolute Null, was Social Media angeht, weil ich ja immer gesagt hatte, Social Media interessiert mich nicht, ich will Geld verdienen, und es ist quatsch, wenn ich den Einkäufer von der Rewe Gruppe kriegen muss, warum Social Media. Mittlerweile sehe ich das ein bisschen anders, weil ja auch in der Tat Einkäufer von Rewe bei Facebook sind.
Das habe ich gelernt, und deswegen gucke ich im Moment relativ viel GaryVee, das ist der Mensch aus Amerika, der das ganz cool macht, und weil der nämlich auch so ehrlich eingestellt ist wie ich, da auch zwei Mark 50 auf der Seite, ehrlich gesagt, ein paar Mark 50 mehr als ich, glaube ich, aber der ist dabei auch so bodenständig geblieben, und das gefällt mir wahnsinnig gut.
Thomas: GaryVee. Alles klar. Achim was würdest du nie wieder in deinem Leben so tun, wie du es in der Vergangenheit gemacht hast?
Achim: Ja ich würde nicht 2 Jahre bei dem Unternehmen bleiben, was ich verkauft habe.
Thomas: Okay, sehr schön. Wir haben schon gehört, du bist aktuell 38. Wo bist du mit 50? Wirst du noch dort leben, wo ihr heute lebt, oder ist irgendwie der Plan woanders hinzugehen.
Achim: Nö, ich werde immer noch in der Perle des rheinischen Braunkohlereviers wohnen, in Eschweiler, weil das mir ja echt ganz gut gefällt. Ich werde aber wahrscheinlich dann nur noch Vorträge halten und Coachings machen, weil ich glaube, das
Unternehmer sein sehr anstrengend ist.
Ich mache das jetzt hier noch mal richtig gut, und das dauert ja noch ein paar Jahre, bis das richtig stark läuft mit Animal Tree, und mit 50 habe ich mir so vorgenommen, dass ich dann nur noch Leuten davon erzähle, wie es geht, und es nicht mehr selber mache.
Thomas: Okay, gibt es neben dem Business, also neben dem ganzen Geschäftlichen bei dir einen Lebenstraum, den du dir noch erfüllen willst und auch erfüllen wirst?
Achim: Ja. Jetzt lachen alle, weil das für alle Menschen so normal ist. Ich war noch nie in Amerika. Ich war schon in China, sonst nach Osten gesehen, überall. Ich war noch nie in Amerika und jetzt mit dem ehemaligen oder Noch-Präsidenten, habe ich mir auch gedacht, nö das ist jetzt nicht so richtig passend. Und mit Corona wahrscheinlich auch nicht. Aber wenn Corona vorbei ist und Herr Beiden das mal gut macht dort in Amerika, dann werde ich mit meiner Familie mal so vier, acht Wochen durch Amerika ziehen.
Thomas: Jetzt muss ich dir eine Frage stellen, die ungeplant war: „Hast du einen Motorradführerschein?“
Achim: Aber nur 125er. Ich habe eine Vespa. Es dauert lange die Route 66…
Thomas: Ja, ich habe in Hamburg hier die Herausforderung, letztens war das Wetter ganz gut, waren irgendwie 10 Grad egal, trocken. Ich habe meine Harley aus der Garage geholt und wieder festgestellt, das es total nervig ist, überhaupt erstmal, in Hamburg, Harley zu fahren. Rote Ampeln, ständig Fahrräder, Fußgänger, die über die Straßen wollen, ständig Kupplung ziehen. Du kannst gar nicht in den fünften Gang schalten. Und bis ich mal so raus bin, wo keine Ampeln sind, brauche ich erstmal 10-15 km und die aber schon, das nervt irgendwie. Und dann kam ich zurück und habe dann auch unserer Tochter wieder erzählt. Lotta ich möchte einfach 100 Kilometer am Stück im fünften Gang fahren und irgendwo einen Kaffee trinken und wieder zurück. Ich habe noch keinen gefunden. Also wenn du dann mit der Familie da bist, vielleicht kannst du noch schnell den Führerschein machen, und dann machen wir beide eine schöne Harley Tour, weil ich keinen Kumpel habe, der selber Moped fährt, der da mitkommen würde. Alleine habe ich natürlich keinen Nerv, hab ja keinen zum Quatschen.
Achim: Können wir gerne machen.
Thomas: Letzte Frage, Achim. Also vielen Dank schon mal für deinen ganzen Input, den du hier gegeben hast. Mit wem, mit welcher vielleicht berühmten oder weniger berühmten Personen männlich, weiblich, divers, was alles so gibt heutzutage, mit wem möchtest du mal unter vier Augen Kaffee trinken?
Achim: Ich würde mal total gerne, das klingt jetzt auch wieder so, – viel cooler wäre es, wenn ich Barack Obama sagen würde, – aber ich würde mal total gerne mit Frau Merkel Kaffee trinken gehen, weil ich es unfassbar finde, was Sie hier so in den letzten Jahren mit der Raute geleitet hat, quasi. Das ist schon super. Also ich würde mal total gerne sogar hinter die Fassade blicken, was da alles so abgeht.
Thomas: Achim, ich kann dir sagen. Möglicherweise, eventuell, vielleicht ich sag es extra weichgespült, kann ich dir dazu verhelfen aus dem Grund, dass muss ich jetzt ganz leise sagen. Es wird gemunkelt, dass Angela Merkel nach ihrer Zeit als Kanzlerin, wo hinziehen wird.
Achim: In die Uckermark, oder nicht?
Thomas: Nix. Blankenese.
Achim: Ach echt?
Thomas: Ja hier sind ja einige Berühmtheiten in Hamburg Blankenese. Jetzt ist gerade ein Neuer dazu gekommen. Jetzt habe ich aber den Namen gerade nicht hier, der hat früher das mit dem Nackedei im Fernsehen gemacht bei RTL, Hugo Egon Balder. Der soll jetzt auch in Blankenese sein.
Da gibt’s ja noch so einen Modetypen, der hier ist, und eine alte Rocksängerin von früher, Helen Schneider. Die würde man aber gar nicht erkennen. Wenn die Frau Merkel nach Blankenese kommt, dann verschaffe ich dir ein Termin, dass du mit ihr Kaffee trinkst. Vielleicht bin ich mit dabei.
Achim: Ja, da freue ich mich.
Thomas: Okay Achim, dann sag doch einfach auf deine ganz eigene wunderbare bodenständige rheinische Art Tschüss, au revoir, auf Wiedersehen, haut rein oder was auch immer du willst.
Achim: Thomas es war mir eine wirkliche Freude, wie immer, mit dir zu sprechen. Ich wünsche deinen Zuhörern, dass sie hoffentlich bis zum Ende dran geblieben sind und ja, euch allen alles erdenklich Gute. Mach’s gut!
Thomas: Wunderbar. Vielen Dank Achim! Vielen Dank fürs Hinhören und Zuhören! Wenn ihr mehr über den Achim wissen wollt, dann in die Shownotes gucken. Da ist alles drin, was ihr braucht. Bis dahin. Schöne Grüße, das war der Thomas und der Achim.